Katharina Bauer © Gladys Chai von der Laage

Katharina Bauer: „Riesengroße Erleichterung“

Stabhochspringerin Katharina Bauer hat am Sonntag 4,50 Meter übersprungen und damit die Mindestleistung für die Hallen-EM in Glasgow (Großbritannien; 1. bis 3. März) erfüllt. Für die 28-Jährige, der vor neun Monaten ein Defibrillator implantiert wurde, weil ihr Herz schon seit der Kindheit nicht wie bei gesunden Menschen schlug, war es das beste Ergebnis seit langem. Im Interview spricht die Leverkusenerin über ihren Gesundheitszustand, aber auch über berufliche Aufgaben und die Absicht, den Titel der Deutschen Hallen-Meisterin erfolgreich zu verteidigen.


Wie groß war der Stein, der Ihnen vom Herzen gefallen ist, als feststand: 4,50 Meter sind geschafft?

Katharina Bauer:
Der Stein war riesengroß. Es war eine riesengroße Erleichterung für mich, auch weil ich nun weiß, dass ich auf einem sehr guten Weg zurück zu alter Stärke bin. Ich wollte unbedingt die Hallen-EM-Norm springen. Ich hatte schon die Woche über das Gefühl, dass ich das kann. Es ist wahr geworden und das ist Wahnsinn.

Bei 4,50 Metern war noch sehr viel Platz. Umso verwunderlicher ist, dass Sie bei 4,55 Metern den dritten Versuch gar nicht mehr gesprungen sind.

Katharina Bauer:
Wenn man sich aus der tiefsten Seele heraus freut, dann ist die Anspannung weg. Es war für mich eine Riesenschallmauer, die ich durchbrochen habe. Ich bin über ein Jahr keine 4,50 Meter mehr gesprungen. Ich habe inzwischen einen Defibrillator implantiert bekommen. Für mich ist das Größte: Ich werde die erste Sportlerin der Welt sein, die bei Europameisterschaften mit einem implantierten Defibrillator teilnimmt. Das hat es noch nie gegeben. Das hat mich zusätzlich motiviert, die Aufgabe anzugehen.

Macht sich der Defibrillator bemerkbar?

Katharina Bauer:
Jetzt nicht mehr. Während der kompletten Sommersaison habe ich ihn gespürt. Es hat ein halbes Jahr gedauert, bis der Defi sich komplett in den Körper integriert hat. Inzwischen kann ich ihn mental ausblenden. Ich kann deutlich besser trainieren. Der Flug ins Trainingslager in Südafrika hat keine Probleme bereitet. Dort bin ich im Dezember zwei Wochen mit meinem Trainer Leszek Klima gewesen. Ich bin fit und gut in die Hallensaison rein gekommen. Wir haben jetzt gerade einmal den zweiten Wettkampf gehabt und ich bin super hoch über 4,50 Meter gesprungen. Ich komme jetzt auf härtere Stäbe. Es darf jetzt alles noch höher gehen.

Welche Höhen sind machbar?

Katharina Bauer:
Vor vier Jahren bin ich in der Halle 4,60 Meter gesprungen. Ich möchte wieder eine neue Hallen-Bestleistung springen. Draußen habe ich 4,65 Meter. Ich bin gerade echt gut drauf. Warum nicht? Ich lasse mich einfach mal überraschen.

Wie sieht die weitere Wettkampfplanung aus?

Katharina Bauer:
Ich habe jetzt an jedem Wochenende Wettkämpfe. Am nächsten Sonntag springe ich in Dortmund. Da habe ich im letzten Jahr gewonnen. In der Woche drauf sind in Leverkusen die NRW-Hallenmeisterschaften. Dann kommt ein Meeting in Frankreich. Und dann sind schon die Deutschen Hallen-Meisterschaften.

In Leipzig treten Sie als Titelverteidigerin an.

Katharina Bauer:
Die Situation ist für mich neu. Aber Leipzig ist für mich eh ein ganz besonderer Ort. Dort bin ich damals zum ersten Mal 4,00 Meter gesprungen und auch zum ersten Mal 4,50 Meter. Ich freue mich mega auf Leipzig.

Wie schätzen Sie die Konkurrenz-Situation ein?

Katharina Bauer:
Das Projekt Titelverteidigung gehe ich genauso an wie im letzten Jahr. Ich weiß was ich kann. Ich gebe immer mein Bestes. Ich will auf jeden Fall meinen Titel verteidigen, ganz klar. Jedes Mal wenn ich im Dezember in Südafrika war, ist die Hallensaison ein Kracher gewesen. So auch im letzten Jahr. Davor bin ich meine ersten 4,60 Meter in der Halle gesprungen. Ich betrachte das als gutes Omen. Ich weiß: Wenn ich da fit bin und durchtrainieren kann, dann knallt es. Genau das ist jetzt auch passiert.

Hat es Neuerungen im Training gegeben?

Katharina Bauer:
Das Neue ist, dass ich endlich einmal gesund bin. Der Defi ist integriert. Mein Herz ist ruhig, die EKG-Ergebnisse sind toll, das heißt ich kann anders trainieren. Ich kann ganz viel turnen und viele Sprünge absolvieren. Ich habe keine Schmerzen in der Hand mehr. Ich kann wieder mehr Übungen, mehr Krafttraining machen. Diese ganz schweren letzten drei Jahre sind endlich mal rum. Ich kann mich vollkommen auf mich konzentrieren und ganz normal trainieren, ohne irgendein Hindernis.

Sie arbeiten in der Marketingabteilung einer bekannten Elektronik-Fachmarktkette. Wie groß ist die Belastung?

Katharina Bauer:
Ich arbeite dort zehn Stunden pro Woche und fahre deshalb zweimal in der Woche nach Düsseldorf. Ich arbeite dort im Online-Marketing. Außerdem habe ich einen Vertrag mit dem Weltmarktführer in der Medizintechnik, der auch meinen Defi hergestellt hat. Ich kümmere mich da um die Patientenkommunikation, um das alles transparenter zu machen. Damit kann ich vielen Patienten helfen, was für mich eine Herzensangelegenheit ist. Für das Unternehmen habe ich am Samstag in Frankfurt meinen ersten Auftritt gehabt und habe auf einem Ärztekongress vor über 100 Leuten gesprochen und meine Geschichte erzählt. Mein Training hat das nicht beeinflusst, denn am Samstag hätte ich so oder so frei gehabt. Es ist für den Kopf gut, damit ich mich nicht zu sehr auf den Sport versteife.

Harald Koken


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