Paul-Heinz Wellmann feiert 70. Geburtstag
Viele Jahre hat er beim TSV Bayer 04 Leverkusen die Strippen gezogen – heute genießt er die Ruhe auf Texel.
Früher ist Paul-Heinz Wellmann gerannt, Runde um Runde 400 Meter im Kreis, bis zum Highlight seiner sportlichen Laufbahn: Olympia-Bronze über 1500 Meter 1976 in Montreal. Heute geht Wellmann 10.000 bis 20.000 Schritte pro Tag, deutlich langsamer, aber mit Genuss und Ridgeback-Hündin Samsara. Früher absolvierte er so manchen Lauf im Trainingslager auf der holländischen Nordseeinsel Texel, zunächst selbst als Athlet, später mit den von ihm als Trainer betreuten Athleten. Heute genießt er dort mehrmals pro Jahr mit Ehefrau Gabriela und Hund die Ruhe. Auch heute, an seinem 70. Geburtstag.
„Hier sind wir schön für uns und können den Tag so genießen, wie wir das wollen“, sagt Wellmann. Er sei kein Freund großer Geburtstagsfeste. 31. März, das sei früher immer in die Zeit der Trainingscamps gefallen, da gab es Wichtigeres als seinen Ehrentag. Seit Ende Oktober 2017 ist Wellmann nicht mehr Geschäftsführer des TSV Bayer 04 Leverkusen. 23 Jahre lang hat er das Amt mit Engagement und Charisma gefüllt. Nun gefällt ihm der Ruhestand: „Mir ging es nie besser als jetzt“, sagt er: „Die Gesundheit ist da, das Glück ist da.“ Was will man mehr?
Als Trainer und Geschäftsführer habe er viele schlaflose Nächte gehabt und lange Arbeitstage. Jetzt verfolge er noch im Internet, was in der Leichtathletik so passiert. Aber eben ohne Verantwortung. Mit Bayers Spitzenläuferin Konstanze Klosterhalfen, die er kennt, sei sie mit elf Jahren in den Verein kam, telefoniert und trifft er sich noch regelmäßig. Ansonsten ist sein sportliches Engagement auf Fitnesstraining im TSV-Studio GoFit und Golfspielen beschränkt. Laufen geht schon seit 15 Jahren nicht mehr, da macht die Arthrose im linken Knie nicht mit.
Die Bestmarken des einstigen Spitzenläufers Paul-Heinz Wellmann können sich sehen lassen: 800 Meter: 1:46,7 Minute, 1.000 Meter: 2:17,6 Minuten, 1.500 Meter: 3:36,23 Minuten. Im Trikot des TV Haiger holte er mit 15 Jahren seinen ersten hessischen Jugendmeister-Titel – und seine Karriere nahm Fahrt auf. Bei der EM 1972 in Helsinki rannte er auf Platz sieben und zum Junioren-Europarekord. Ein Jahr später bei seiner Olympia-Premiere in München wurde er ebenfalls Siebter, genauso wie bei der EM 1974.
Es folgte der Wechsel zum TuS 04 Leverkusen, der 1984 mit der Sportvereinigung Bayer 04 Leverkusen zum heutigen TSV Bayer 04 Leverkusen fusionierte. Dann kam das Jahr 1976, Wellmann trainierte inzwischen beim legendären Leverkusener Coach Gerd Osenberg: Zunächst holte er bei der Hallen-EM Gold über 1500 Meter. Und dann, in Montreal, völlig überraschend Olympia-Bronze. Im Vorfeld habe er gesagt, Hauptsache es wird nicht wieder der siebte Platz, dann lieber Achter, erinnert sich Wellmann: „Aber dann bin ich ja zum Glück Dritter geworden.“ Anschließend besiegte er bei den Deutschen Meisterschaften im Frankfurter Waldstadion auch noch seinen favorisierten Vereinskollegen Thomas Wessinghage.
1978 beendete Paul-Heinz Wellmann auf Grund anhaltender Achillessehnen-Probleme seine sportliche Laufbahn. Er wurde Trainer und ab 1994 auch Geschäftsführer des TSV Bayer 04 Leverkusen. In dieser Funktion immer an seiner Seite: Assistentin Karin Hortien, die inzwischen selbst im Ruhestand ist. Sie sagt: „Ich hätte mir keinen besseren Chef wünschen können.“ Wobei – als Chef habe sie ihn nicht gesehen, eher als Kollegen, und er habe sie gern als seine rechte Hand bezeichnet. „Wir haben uns einfach gut ergänzt“, sagt sie, „ich hatte immer ein gutes Personen- und Namens-Gedächtnis, und er wusste alle Zahlen.“ Nach Texel reist sie nicht, um ihm zu gratulieren. Das wird dann am 2. April nachgeholt, wenn er zurückkehrt und sie Geburtstag feiert.
Fotos: Privat