Sophie Weißenberg: "Für mich selbst bin ich dieses Jahr in der Weltspitze angekommen"
Unsere Siebenkämpferin spricht im Interview über die vergangene Saison, eine langwierige Verletzung und die Ziele für die Saison 2024.
Sophie, Du bist noch nicht ganz wieder im Aufbautraining und hattest zuletzt noch einen Spezialschuh an. Was musste am Fuß gemacht werden? Hatte es mit deinen Fußproblemen aus dieser Saison zu tun?
Genau, in Talence (Wettkampfbericht) war es ja schon relativ auffällig, das lief ja dann hintenraus nicht mehr so gut. Das war dem Fuß geschuldet, ich hatte ja immer wieder mal Probleme, über die Saison auch. In Talence hat es sich dann ein bisschen zugespitzt. Dann waren wir in Salzburg und wollten da eigentlich nur eine kleine Rehamaßnahme machen, um dann wieder einzusteigen. Da hat sich dann herausgestellt: ich hatte eine Schleimbeutelentzündung, Haglundferse und an der Sehne war ein bisschen Flüssigkeit eingelagert, weil es halt eine chronische Entzündung war. Und dann haben die Ärzte gesagt "hey Sophie, es wäre gar nicht so unsinnig, wenn wir es operieren". Dann haben wir ein bisschen hin und her überlegt und uns relativ zügig entschieden, es zu machen. Da wurde der Schleimbeutel entfernt, der Knochen ein bisschen abgetragen und die Sehne wurde geglättet.
Wie läuft der Heilungsprozess? Ab wann bist du wieder belastbarer und wie ist das Training bis dahin geplant?
Gut, ich bin echt happy, die Physios sind auch happy. Es war zum Glück ein minimalinvasiver Eingriff, das heißt die Sehne wurde nicht beschädigt, die musste nicht aufgetrennt werden, sondern es ging rechts und links mit einem kleinen Schnitt und Kamera rein. Ich hatte jetzt zwei Wochen diesen Spezialschuh an, Krücken und durfte 20 Kilo belasten. Und danach ging es wieder in den normalen Schuh und die Fäden wurden gezogen. Ich kann wieder gehen, Fahrrad fahren; klar es tut noch ein bisschen weh, es ist auch noch ein bisschen geschwollen, aber es ist halt auch erst knapp drei Wochen her. Deswegen sind wir sehr zufrieden. Wir machen jetzt viel alternatives Training, schauen, was geht, horchen auf den Körper und steigern dann jetzt langsam immer mehr. Das Ziel ist dann, wenn wir nach Südafrika fliegen, wieder "back to" joggen, sprinten, springen zu sein.
Bevor wir auf diese Saison zurückblicken, gratulieren wir Dir erstmal noch zur Berufung in den Olympia-Kader! Ändert sich hierdurch etwas für Dich?
Ja, in der Förderung ändert sich etwas. Es gibt ein bisschen mehr Sporthilfe und dann gibt es, glaube ich, noch was von der DLM. Aber ansonsten, so viel ändert sich nicht. Es ist natürlich cool, dass dann da steht "Olympiakader", das ist irgendwie ein anderer Status, aber grundsätzlich ändert sich jetzt nicht so viel.
Nun zum vergangenen Jahr, welches ausschlaggebend für diese Kaderberufung war: sehr gute Auftritte bei internationalen Top-Meetings, neue Siebenkampf-PB von 6.438 Punkten und schließlich Platz sieben bei der WM in Budapest. Wie zufrieden bist Du mit deinen Siebenkämpfen in diesem Jahr?
Ich bin erstmal super zufrieden, dass ich wirklich vier Mehrkämpfe durchziehen konnte, das habe ich noch nie geschafft. Darüber war ich schon mal sehr froh. Mit einer PB in Götzis einzusteigen war natürlich cool, um da auch zu wissen, es ist noch Potenzial da. Und dann in Budapest habe ich ja mit 6.438 nochmal eine PB aufgestellt. Der siebte Platz war schon echt cool, gerade auch nach letztem Jahr. Ich wusste gar nicht, wie viel mir das bedeutet, dass ich den Siebenkampf zu Ende gebracht habe mit so einer Leistung, bis ich es dann einfach gesehen habe und mit dann aufgefallen ist: krass, letztes Jahr habe ich den nicht mal durchbekommen, weil ich drei Ungültige hatte und dieses Jahr mache ich PB und bin in der Top-8. Es spricht ja irgendwie auch für eine gute Entwicklung, dass ich so eine Leistung mache und trotzdem nicht einhundertprozentig zufrieden war. Auch die 1,86m im Hochsprung haben mir echt viel bedeutet, weil ich seit 2018 nicht mehr so hoch gesprungen bin. Rundum bin ich sehr zufrieden und ich glaube, da ist auch echt noch ein bisschen was, was nächstes Jahr gehen sollte.
Du sprichst es schon an: In einigen Disziplinen, wie im Hochsprung, hast Du dich auf internationalem Top-Niveau stabilisiert. In anderen Disziplinen, wie im Kugelstoßen, hakte es teilweise. Wie siehst Du deine Entwicklung in diesem Jahr?
Ich denke, ich habe echt einen guten Sprung gemacht, auch mental. Für mich selbst bin ich dieses Jahr in der Weltspitze angekommen. Ich wusste ja schon vorher, dass ich vorne mitspielen kann, aber irgendwie habe ich mich immernoch so ein bisschen fehl am Platz gefühlt. Ich war bei der WM, habe mich umgeschaut und war so: boah hier sind so krasse Leute. Ich habe gar nicht realisiert, dass ich ja dazugehöre irgendwie. Ich glaube, das war voll der wichtige Step, weil solange man nicht selbst dran glauben kann, dass man es nach vorne schafft, ist es halt super schwierig. Die Leistungen haben sich dementsprechend auch stabilisiert. Ja, es gab schlechte Disziplinen, zum Beispiel der Weitsprung, das lief dieses Jahr einfach nicht. Genauso Kugelstoßen, da habe ich mich immer in der letzten Sekunde erst wieder aus der Patsche geholt. Aber mit den Sprints bin ich super happy, Speer lief eigentlich auch gut, Hochsprung auch. Klar, man kann immer an ein paar Sachen arbeiten, aber rundum bin ich echt happy.
Blicken wir ein wenig voraus: Ist abzusehen, ob eine Hallensaison möglich sein wird, oder gilt der volle Fokus so oder so der Outdoor-Season?
Wir müssen mal so ein bisschen schauen, wie sich der Fuß entwickelt. Eine große Hallensaison war sowieso nicht geplant, da bin ich nicht so der allergrößte Freund von. Aber die Chancen stehen relativ gut, dass ich für die Hallen-WM reinrutsche und je nachdem, wie der Fuß ist, ob ich so weit bin, gucken wir dann, ob ich die Hallen-WM mache, oder nicht.
In der Outdoor-Season stehen einige Highlights an: Die EM in Rom, olympische Spiele in Paris... Was sind deine Ziele für die kommende Saison?
Der Fokus und die Priorität liegen natürlich auf Olympia, das ist das ganz große Ziel. Die Road dahin wird sein: in Götzis im Mai einsteigen, dann drei Wochen später nach Rom fahren und dann Olympia. Klar, auch Götzis und Rom sind schon fokussiert, also das ist jetzt nicht so, dass ich sage, hey, das fällt jetzt komplett hinten rüber. In Götzis gut einsteigen wäre natürlich schön, in Rom sehe ich die Chance, dass viele von den ganz Großen vorne sagen "wir lassen das weg, weil wir uns auf Olympia konzentrieren". Deswegen glaube ich, wird da nochmal das ein oder andere Türchen aufgehen, die Chance möchte ich nutzen. Und natürlich Erfahrung sammeln, also jede internationale große Meisterschaft ist für mich Erfahrung, Sicherheit, Stabilität in den Routinen und ich glaube, das wird auch gut sein, um dann bei Olympia gelassener zu sein. Für Paris wäre natürlich in meinem Kopf eine Bestleistung und eine Top-8-Platzierung wieder schön, gerne auch noch ein bisschen weiter nach vorne.
Wir wünschen dir den bestmöglichen Heilungsverlauf, einen guten Wiedereinstieg ins Training und viel Erfolg für die kommende Saison!